Mich hatte plötzlich die Wüste gerufen. Sehr deutlich. Sehr klar.
Es war eine Stimme, die ich zuvor nicht kannte – leise und zugleich unüberhörbar. Nie hatte ich davon geträumt, in die Wüste zu fahren. Im Gegenteil: Meine Sehnsucht galt dem Meer, den Wellen, dem Rauschen des Wassers. Und doch war da dieses neue, unwiderstehliche Ziehen. Ich folgte ihm – ohne zu wissen, was mich erwartete.
Die erste Begegnung
Schon in den ersten Minuten, als ich auf dem Rücken des Kamels saß, geschah etwas Merkwürdiges: Ich fühlte mich zu Hause. Als wäre ich schon immer geritten, als würde dieses Tier mich längst kennen. Jeder Schritt trug mich tiefer hinein in eine Landschaft, die nicht nur aus Sand und Steinen bestand, sondern aus unzähligen Stimmen und Energien.
Die Sprache der Wüste
Die Wüste spricht. Mal sanft, wie ein Flüstern, das dich behutsam begleitet. Mal kraftvoll, fast herausfordernd, wenn sie dich an Stellen rührt, die lange verborgen lagen. Sie überrascht – immer wieder.
In der Stille, die nicht leer, sondern voller Schwingung ist.
In der Tiefe, die dich zugleich weitet und erdet.
Im strahlenden Licht des Tages, wenn alles klar und grenzenlos wirkt.
Und in den Nächten, unter einem Sternenhimmel, der so unermesslich funkelt, dass jedes Gefühl von Kleinsein verschwindet.
Reise nach außen – und nach innen
Jeder Tag brachte einen neuen Ort, ein anderes Bild, eine weitere Erfahrung. Und doch ging die eigentliche Reise nicht nach außen, sondern nach innen. Ich kam näher zu mir selbst, Schritt für Schritt, getragen von der Einfachheit des Nomadenlebens. Die Stille machte Platz für das, was in mir lange keinen Raum gefunden hatte. Freude, Fülle, Klarheit – und manchmal auch Fragen, die sich erst nach und nach beantworten wollten.
In Gemeinschaft und Geborgenheit
So sehr die Wüste dich in die Begegnung mit dir selbst führt, so sehr schenkt sie auch Verbindung. Mit den Menschen, die an deiner Seite gehen. In unserer Gruppe wuchs Geborgenheit. Worte wurden unwichtiger, Blicke und Gesten genügten. Es war, als ob die Wüste uns alle in ein großes, stilles Zelt aufgenommen hätte, in dem wir für eine kurze Zeit gemeinsam leben durften.
Das Geheimnis der Wüste
Und manches bleibt geheimnisvoll. Die Wüste offenbart nicht alles auf einmal. Sie birgt ihre Geschenke geduldig, bis die Zeit reif ist, sie zu entdecken. Vielleicht morgen, vielleicht erst in einigen Jahren, wenn ein Gedanke, ein Bild oder ein Traum plötzlich wiederkehrt.
Einfachheit und Reichtum – das ist es, was die Wüste mir gezeigt hat. Und diese Erfahrung trägt mich noch immer.